Cappuccino/Espresso MTB Tour

Schon mit der Anmeldung zur 2-Level-MTB-Tour im Trentino war mir klar: Hier kann nichts mehr schief gehen. Das Guide-Duo Claus und Basti war mir noch vom Technik Kurs in Kirchenreinbach aus dem Jahr zuvor in bester Erinnerung. Voller Vorfreude packte ich meine Sachen und bin in großer Erwartung an ein heißes MTB Wochenende Richtung Italien gestartet. Caldonezzo – klingt nach Sonne, Eis, Pasta und Espresso!
Die Wettervorhersage hatte sich mittlerweile von „heiß“ auf „durchwachsen“ umgestellt. Im Regen ging es also am Donnerstag um 5.30 in Penzberg los – natürlich in kurzer Radelhose, denn ab dem Brenner reißt in bella Italia der Himmel ja bekanntlich immer auf und bringt die Sonne zum Vorschein. Genau so war es dann auch – nach einer kurzen Espressopause waren wir dann die Ersten am vereinbarten Parkplatz am Lago di Caldonezzo. Nach und nach trudelten alle Teilnehmer in ihren Fahrgemeinschaften ein. Nur ein Gefährt fehlte noch. Unsere Studenten aus Erlangen. Müde und leicht zerknittert sind sie nach Bastis Weckanruf aus ihrem Wohnmobil gekrabbelt. Das Wohnmobil heißt Willi und ist als Oldie mit 80 Sachen die Nacht über den Brenner gekrochen… Dennoch: Es wurde keine Müdigkeit vorgetäuscht, unsere Jungs haben gleich den Ton angegeben und sich für die Espressotour entschieden.
Espressotour?! Was ist das?? Von Espressobar zu Espressobar radeln und bis zum Herzkasper Espresso schlürfen? So ähnlich 😉 Als Alternative zum Espresso gab es die Cappuccino Tour. Zur Aufklärung, das System ist ein ganz einfaches: Die Espressi haben ein knackiges Programm für Kondition und Technik vor sich und halten sich zwischendurch maximal für einen schnellen Espresso auf. Wohingegen die Cappuccini sich etwas mehr Zeit für Panorama, gesellschaftlichem Austausch (ratschen!) und … Cappuccino nehmen. Auf diese Weise können alle Teilnehmer auf ihre Kosten kommen und sich je nach Tagesform ihre Gruppe auswählen.

Nachdem sich die 10 Teilnehmer (Mario, Susanne, Herbert, Kathi, Julia, Daniel, Chris, Olli aka Riss, Fred, Danni) in die zwei Gruppen einsortiert haben, wurde mit den Tourregeln und dem Bikecheck begonnen – da alle gut vorbereitet angekommen sind, haben wir keine weitere Zeit mehr verloren sondern sind zügig losgeradelt. Bis zur Mittagspause sind die beiden Gruppen zum Warmradeln gemeinsam gefahren. Nach einem kurzen Stop am Zauberbrunnen mit „Magnesiumwasser“ hat uns der Weg auch schon bald zu unserem Mittagslokal gebracht. Frisch gestärkt fuhr die Gruppe noch ein Stück gemeinsam, bis wir nach einem wunderschönen Panoramaweg das erste Mal voneinander getrennt wurden. Basti hat die flotte Truppe übernommen, Claus mit dem Rest der Truppe den Heimweg angetreten. Wer Claus kennt, weiß, dass „Heimweg antreten“ nicht der direkte Weg zurück bedeutet, sondern viele kleine, hübsche Schlenker enthält, die uns die Schönheit und Vielfältigkeit unseres Urlaubsziels vor Augen führten. Die Gegend ist geprägt von historischen Stätten aus dem ersten Weltkrieg wo der Gebirgskrieg zwischen Italien und Österreich-Ungarn ausgefochten wurde. Wie auf fast jeder Tour haben wir auch dieses Mal keinen kleinen Exkurs in die Geschichte unternommen.

An dieser Stelle sei einmal erwähnt, dass die Verfasser des Textest treue Begleiter der Cappuccino Touren waren – sollte also ein Detail der Espresso Fraktion falsch wiedergegeben sein, muss ein entsprechender Gegenbericht verfasst werden 😉

Über Wiesen und durch Wälder ging es also zurück zum Parkplatz, wo wir bei einem Feierabendbier auf den Rest der Gruppe gewartet haben. Das Wetter hat alle Versprechen gehalten und uns einen wunderschönen Eröffnungstag mit 750 Höhenmeter beschert. Voller Glückshormone sind wir gegen dann Abend gemeinsam im Hotel eingetroffen und haben auch gleich den frisch geweiselten Bike Keller eingeweiht. Nun stellte sich nur noch die Frage der Zimmeraufteilung: 4 Damen und 8 Herren zwischen 24 und 62 Jahren… Zu guter Letzt haben wir die perfekte Verteilung geschafft: Studenten-, Familien-, Mädels und Ü-40-Party-Zimmer: alle perfekt untergebracht und aufgeräumt.
Nun durften wir das gemeinsame Abendmahl mit Wein und 3-Gänge-Menü einnehmen, bevor uns der lange Tag in die Betten getrieben hat und uns von den vor uns liegenden Trailtagen hat träumen lassen.

Der nächste Tag begann – wie ab sofort immer – mit einem Blick in den Himmel (welcher sehr vielversprechend war) und dem gemeinsamen Frühstück, wo wir zunächst mit dem grausamen instant Kaffeeautomaten Bekanntschaft schlossen und währenddessen die geplanten Tagestouren mitgeteilt bekamen. Jeden Tag aufs Neue durften wir uns für die Gruppen entscheiden, was manchmal schon die erste größere Aufgabe des Tages darstellte. Cappuccino lag am heutigen Tag bei 1.000 Höhenmeter, Espresso bei 1.500…. Das machte die Entscheidung schwer. 1.500 Höhenmeter sollten doch machbar sein. Aber sind nicht 1.000 auch schon genug? Hin und her…. frühstücken … hin und her … okay, heute nochmal Cappuccino!

Der Weg führte uns kreuz und quer über Stock und Stein immer abschnittsweise auf dem nach einem lokal bekannten Mountainbike Hero „Gibo Simoni“ Marathon Trail. Ein kurzer Abstecher führte uns zur Austro Ungarico Feste, wo wir aufgrund der gut erhaltenen Relikte gleich eine Fotosession eingelegt haben, Ja, Cappuccini haben ein Auge für gute Locations. Danach ging es weiter auf Gibos Pfaden … und Obacht! wen treffen wir dort an? Der leuchtend-orange-farbene Helm des Espresso-Guides schimmert durch die Wälder und kündigt die Espresso Tour an. Fahren die womöglich nur in die entgegengesetzte Richtung denselben Kurs?! Wie war das mit 1.500 Höhenmeter? Aha … das will weiter beobachtet werden. Ein wunderbar flowiger Trail macht große Lust auf weitere Erfahrungen in der praktischen Trailkunde und führt uns ins Tal nach Carbonara, wo uns urplötzlich dicke Regentropfen überraschen. Gott sei Dank fahren wir direkt auf eine kleine, süße, italienische Bar, in der wir uns unser Mittagessen erhoffen. Und siehe da, wen treffen wir dort an? Die Espresso Truppe! Unter der überdachten Terrasse sitzen die Jungs und lassen sich den Cappuccino schmecken! Hallo?! Gab es da nicht eine klare Rollenverteilung nach Espresso und Cappuccino? Der Kohlehydratenspeicher will aufgefüllt werden und mit Händen und Füßen wird die Bestellung aufgegeben. Währenddessen stellen wir fest, dass wir wieder mal alles richtig gemacht haben. Draußen geht die Welt unter. Nach der Pause war dann auch das Wetter wieder versöhnlich gestimmt und die Cappucini nahmen – gastfreundlich wie sie sind – den ersten Überläufer aus der Renntruppe bei sich auf. Schnell schon erhöhte sich jedoch das Tempo von Cappuccino zu Espresso aufgrund der drohenden Gewittergefahr, welches mit entferntem Grummeln immer wieder auf sich aufmerksam machte. Also gab es nur noch kurze Technik- und Ausziehpausen, welche jedoch mitunter dafür genutzt wurden, die neu entdeckten Sommersprossen (oder auch der neueste Trend der Schlammkur) auf den Gesichtern festzuhalten. Als wir ohne größere Zwischenfälle am Hotel angekommen sind, hat unser Überläufer Olli sich brav für die freundliche Aufnahme bedankt und unsere Bikes sauber gemacht – um ihn herumstehend haben wir ihn kräftig angefeuert und bei der Arbeit unterstützt. Versöhnlich kam zum Feierabend die Sonne heraus und wir haben die Tour – bereits in alter Gewohnheit – mit einem gemeinsamen Feierabendbier beschlossen.
Zum Abendessen waren wir dann alle wieder vereint und haben mit unseren Wetter-Apps den Wetter-Beautiecontest eingeläutet. Selbst die Optimisten unter uns mussten zugeben, dass das Wetter für den nächsten Tag nur so mittelprächtig angesagt wurde. Nachdem der Nachmittag uns schon einen Vorgeschmack auf das zu erwartende Wetter am Folgetag gegeben hat, war der Besuch des nahegelegenen Bikeparks eine Option, die viele von uns wahrnehmen wollten. Eine kleine Minderheit wurde von unserem Guide Claus einfühlsam davon überzeugt, dass der Bikepark ein lohnenswertes Ziel sein kann.

Am nächsten Morgen hat der Wetterfrosch den Beweis für die Vorhersage eingereicht … trüber Himmel aber immerhin noch kein Regen! Zum Frühstück haben wir zunächst unsere Erkenntnis vom Vortag eingesetzt und beim Kellner unseres Vertrauens „echten“ Cappuccino bestellt – von nun an war Simon – von nun an unser Lieblingskellner – unermüdlich dabei, Cappuccino für unsere Truppe zu servieren. Gemeinsam sind wir nach dem Frühstück zum Bikepark gefahren und sind nach fröhlichem Auf und Ab über Stock und Stein am Park angekommen wo wir die erste Auffahrt ohne Lift sondern ganz brav aus eigener Kraft „zu Fuß“ gestrampelt sind. Gemeinsam in der Gruppe sind wir als erstes den blauen Trail gefahren, wo wir nach ein paar Metern schon den ersten Ausfall hatten: Platten beim Guide! Ausgerechnet der tubeless Reifen hat einen abbekommen. Aber Claus hat sich nicht aus der Ruhe bringen lassen und den Reifen mit Geduld und Spucke wieder geflickt. Nun konnte es weitergehen. Trotz erhöhtem Schwierigkeitsgrad aufgrund Schlamms und nasser Wurzeln sind wir alle heil unten angekommen. Nun durften wir mit dem Lift hoch „shuttlen“ und schon ein erstes Scouting der Abfahrten aus der Luft, die sich unter dem Lift durchschlängelten, vornehmen. Und obwohl es für Manchen das erste Bikepark-Erlebnis war, hatten wir auch dieses Mal einen Überläufer: nämlich von der Cappuccino zur Espressotruppe. Fred hat bei der ersten Abfahrt Blut geleckt und hat direkt im Anschluss mit dem Rest der Espressi die gelbe Abfahrt getestet. Ein Blick auf die Uhr war gar nicht nötig: Zeit für die Mittagspause, haben die dicken Regentropfen angekündigt! Der Bedarf an Kohlenhydrate ist in der Zwischenzeit enorm gestiegen, die Brotkörbe waren schon vor Anlieferung des MIttagessens bis auf den letzten Krümel geleert. Nachdem der Regen nicht ganz aufhören wollte, beschlossen wir irgendwann dem Regen zu trotzen und sind erneut ein letztes Mal gemeinsam in der ganzen Gruppe abgefahren. Dieses Mal auf dem roten Trail – endlich wurden die neu angeschafften Protektoren entjungfert und eingeweiht – die Anschaffung soll sich doch gelohnt haben. Unser Guide Basti hat derweil seinen Meister im Sauberbleiben gefunden. Ich habe es geschafft, zwei Mal äußerst unelegant in den Matsch befördert zu werden und trotzdem konnte man noch erkennen, dass Jacke gelb ist! Endlich mit zitternden Knien, aber trotzdem stolz und voller Freude, es geschafft zu haben, sind wir unten angekommen. Nun hat die Cappuccino Truppe beschlossen, erstmals einen weiblichen Späher in die Espresso Truppe zu schicken um zu überprüfen, ob die Höhenmeterangaben der Kollegen auch wirklich der Wahrheit entsprechen. Kathi hat sich voller Motivation erbarmt sich dieser Überprüfung anzunehmen. Der Rest der Cappuccini hat beschlossen, auf schnellstem Wege nachhause zu fahren, um sich weiter der Analyse der kulturellen Unterschiede beim Saunabesuch zu widmen. Bisherige Ergebnisse waren, dass der Italiener sich beim Wellness gerne von lokalem Hip Hop berieseln lässt und auch in der Sauna die Badekleidung bevorzugt am Körper trägt. Im Anschluss folgte dann schon unser letzter gemeinsamer Abend, bevor es am nächsten Tag schon wieder hieß Abschied zu nehmen. Der Grappa und die Aufgabe noch unsere Sachen zu packen, hat uns schon bald in unsere Zimmer getrieben.

Am nächsten Morgen wurden uns die Touren für unseren letzten Tag verkündet. Die Espressotour führte zu einem von Basti am Vortag frisch-getesteten Trail um dann auch schon zügig den Heimweg wieder antreten zu können. Willi will seine Studenten gemächlich über den Brenner und zurück nach Erlangen bringen. Die Cappuccino Tour ist ein Stück mit dem Auto gefahren und dann am Passo Coe gestartet. Der Weg führte uns in einer zauberhaften Einsamkeit – welche nur durch zwei übermütige Gämsen gestört wurde, die ganz keck unseren Weg kreuzten – über einen wunderschönen Panorama Weg mit wunderbarem Blick in die Täler und aufs Mittelmeer. Ja, nach kurzer Diskussion waren wir uns einig: da war es, das Meer. Ganz hinten am Horizont! Man musste nur genau hinsehen. Unser heutiges Gipfelerlebnis führte uns weiter bergauf auf den Monte Toraro. Dort wurden wir mit der traumhaften Aussicht auf die weißen Gipfel der Brenta belohnt. Bei der Abfahrt hat unser Guide bewiesen, wie er auf die individuellen Bedürfnisse seiner Teilnehmer eingeht und hat mit Julia eine Extraschleife auf der gerölligen Schotterabfahrt gemacht um ihr neues Bike gleich auf Herz und Nieren zu prüfen! Wir allen waren dankbar darum, hat sie doch unsere Cappuccino Höhenmeterbilanz um weitere 100 Höhenmeter getuned 🙂
Kurz vor Zielerreichung am Pass hat uns Claus noch eine kleine abenteuerliche Kraxeleinlage eingebaut, welche uns zum Abschluss auf einen wunderschönen, flowigen Trail über blühende Alpenwiesen und Kuhalmen zu unserem letzten gemeinsamen Mittagessen geführt hat. Fast zeitgleich ist der verbleibende Rest der Espresso Truppe eingetroffen. Bevor sich nach einem leckeren Mittagessen und der Feedbackrunde alle auf den Heimweg gemacht haben, gab es noch einen kurzen Abstecher auf den nahegelegenen Bauernhof wo wir eine Shoppingtour eingelegt haben, um unseren lieben Zuhausegebliebenen heimischen Käse, Wurst, Butter und Milch mitzubringen.

Als Fazit kann ich sagen: Meine vorbehaltslose Anmeldung zur Tour habe ich keine Sekunden bereut – wie schon beim Technik Kurs im Jahr zuvor haben die Guides uns mit ihrer Leidenschaft fürs Mountainbiken angesteckt und uns eine wunderbare gemeinsame Zeit beschert. Das zwei-Level Konzept hat hervorragend zur Gruppe gepasst und es war nie ein Problem zwischendurch spontan von Cappuccino zu Espresso zu wechseln und umgekehrt. Trotz der Altersspanne von 25 bis 62 waren wir eine harmonische Gruppe, die eine tolle und bereichernde Zeit miteinander verbracht haben. Jeden Tag aus Neue haben unsere Tourenleiter tolle Touren für uns herausgesucht – Pfade, die man ohne Guide wahrscheinlich nicht gefunden hätte. So sind wir in den Genuss gekommen, ein touristisch noch nicht so erschlossenes Gebiet kennenzulernen, was wir der guten Planung unserer Guides zu verdanken haben: DANKE an dieser Stelle an Basti und Claus, die sich so gut für uns vorbereitet haben.

Drum in aller Kürze: Mit Euch immer wieder, danke für die tolle Zeit!!