In zunächst halber Besetzung starteten wir (Martin, Marcus) am 10.02., 6:00 Uhr, ab Penzberg Richtung Sellrain. Da das Westfalenhaus heuer erst ab dem 23.02. geöffnet sein sollte, mussten wir für die zwei Übernachtungen auf den Winterraum ausweichen. Entsprechend waren wir auch reichlich bepackt als wir gegen 8:00 Uhr den Zustieg zur Hütte vom Gasthaus Lüsens aus angingen. Hier zeigte sich bereits, dass der Schnee auch im Sellrain nicht sehr üppig war und bis zur Hütte auf knapp 2273m wurde es nicht viel besser. Aber kein Grund zu jammern – das Wetter war grandios, der Winterraum bestens ausgestattet (und nicht vorbelegt) und der Tag noch jung. Die Hänge die sich hinter dem Westfalenhaus Richtung Schöntalspitze hochzogen sahen zudem ganz passabel aus und sollten unserer Meinung nach auch keinen Tag länger auf uns warten. Also wurden im Winterraum schon einmal vier Lager belegt und nach einer kurzen Stärkung der Aufstieg zur Schöntalspitze angegangen. Über mehrere Aufschwünge zogen wir unsere Spur hinauf bis unter die von der Zischgenscharte herunterziehende sehr steile Rinne und über diese etwas mühsam abwechselnd zwischen Harsch und gefrorenen Lawinenbrocken hinauf zur Scharte (hier Skidepot). Der weitere Gipfelanstieg gestaltete sich im Folgenden noch recht alpin – verschneiter Grat, teils mit Drahtseilsicherungen aber auch immer wieder mit leicht eingeschneiten fies geneigten glatten Platten – und verlangte noch einmal besonnenes Steigen. Aber die Mühe wurde belohnt, beste Aussicht nach W-N-O und im Süden pfiff der Föhnsturm um die Gipfel während wir verschont blieben. Nach Fotopause und Gipfelrast ging es zurück zum Skidepot und an die Abfahrt. Nach anfangs etwas anstrengendem Schnee wurde es nach unten hin immer besser und die Hänge zur Hütte, in den letzten Sonnenstrahlen, waren ein Genuss! Ohne Sonne und bei auflebendem Wind wurde es nun Zeit sich um den gemütlichen Teil des Tages zu kümmern. Bis der Ofen brannte, sich der Schnee sich zu Tee- und Nudelwasser verwandelt hatte und das Abendessen fertig war, waren auch Anja und Nina eingetroffen. Und so ließen wir zusammen bei italienischem Essen, spanischem Wein und österreichischem Bier (Dank an den Hüttenwirt) den Tag ausklingen (wobei zwischen erstem und zweiten Gang noch eine weitere Dreiergruppe im Winterraum verräumt werden musste).
Am nächsten Morgen waren wir dank bereits vorgekochtem Wasser und früh angeworfenem Holzherd bald startklar. Martin hatte als Ziel den Längentaler Weißenkogel auserkoren, da die weiß leuchtende, nordseitige Flanke des Ferners verlockend nach noch frischem Pulver aussah. Dafür waren wir gerne bereit, längere Zeit im Schatten dem Südföhn entgegenzugehen, der uns frisch um Ohren wehte. Zunächst aber mussten wir die wegen geringer Schneeauflage unfahrbar aussehende Abfahrt in das Längental ohne größere Schäden an Material und Mensch hinter uns bringen. Dies gelang dank des ausgesteckten Sommerwegs, der passabel durch die größten Brocken zielte. Dann folgte der längere Fußmarsch, vorbei am Seblaskogel (auf den zwei Tourengeher gerade eine abenteuerliche Spur legten), immer die weißen Hänge im Blick, die bald schon in der Sonne lagen und tatsächlich hielten, was sie versprachen… Nur ca. 3 Abfahrtsspuren – so erwischt man diesen Berg wohl selten! Nach einer windbedingten eher kurzen Gipfelrast mit herrlichem Panorama auf umliegende weitere bereits bekannte und noch unbekannte Tourenziele machten wir uns eilig an die Abfahrt, denn mittlerweile war die Gesellschaft schon zahlreicher geworden. Tatsächlich konnten wir jetzt traumhaften Pulver genießen, bis unten am Beginn des Ferners! Nachdem uns der Heimvorteil noch jede Menge Zeit ließ, stand bald fest, dass wir diesen wunderbaren Hang noch einmal fahren wollen… Anja und ich waren so begeistert, dass wir zwischendurch einfach den Schnee küssen mussten (oder so). Danach aber hieß es wieder gut aufpassen, um verdächtigen Schneehügeln rechtzeitig auszuweichen. Die meisten Steine erwischte wohl Marcus mit den neuesten Skiern… Aber in Summe kamen nur ein paar Kratzer zusammen, anders als bei unserer Winterraumgesellschaft, die einen Totalschaden beim DAV-Leihski zu verzeichnen hatten, neben blauen Flecken und einem demolierten Helm (der demonstrierte, wie sinnvoll es ist, dieses sperrige Teil mitzunehmen).
Das Abendmenü unterschied sich nur gering vom Vortag: Spaghetti mit Tomatensoße, allerdings statt mit Wein nun mit Whisky und Ouzo. Nebenher erhielten wir dank der zweiten Gruppe (kletternde Physikstudenten und ein Tiroler) einen informativen Einblick in die Freizeitaktivitäten auf Spitzbergen (z. B. tagelange Schneemobilgletschertouren – Vorsicht, vor dem Absteigen immer nach Spalten sondieren!, Wal- und Eisbärschiffsfahrten – ein beliebte Einkommensquelle von Pensionären…). Außerdem hieß es wieder abwechselnd heizen und Schnee holen für ca. 15 l Teewasser.
Am nächsten Morgen stand der Hohe Seblaskogel auf dem Programm. Die abenteuerliche Spur vom Vortag erwies sich als die Beste, und so steigwühlten wir uns, Spitzkehren übend, nach oben bis in die flachere Mulde. Bald danach kam auch schon der Gipfel in Sicht, zu dem aber noch ein gutes Stück Weg zurückzulegen war. Zuerst gleichmäßig zäh ansteigend, dann noch über eine steile Südflanke bis auf den Grat. Das letzte Stück – in meiner Erinnerung bei guter Schneelage ein breiter Rücken – zeigte sich dieses Mal als eher schmaler Grat. Auf dem Gipfel fanden wir gerade so zu viert Platz. Dabei entstand – Marcus Kamera etwas weiter unten auf dem Rucksack aufgestellt – ein tolles Gipfelfoto!
Die Abfahrt war „passabel“. Oben besser als gedacht, aber der gleichmäßige lange Osthang weiter unten leider etwas trügerisch. Unten angekommen holten wir unser Winterraumgepäck aus dem Versteck, einem Loch unter einem Felsen. Bei der Dokumentation der Aktion verschwand Martin plötzlich mit seiner Kamera im benachbarten Loch… Aber nix passiert.
Die anschließende Abfahrt meisterten wir noch erfolgreich (mittlerweile war eine recht zuverlässige Spur eingefahren) und auch die Skatingstrecke war in gutem Zustand. So kamen wir wohlbehalten und hochzufrieden am Parkplatz in Lüsens an, wo wir dann dieses gelungene Wochenende tatsächlich noch in der Sonne auf der Terrasse des Gasthofs ausklingen lassen konnten.