Kirchenreinbach 2015
Kirchen-what? Ja, so habe ich auch geschaut, als ich die Einladung zum Mountainbike Technik Kurs in meiner Mailbox vorgefunden habe. Wie sich nach einem – in jeder Hinsicht – reichhaltigen Pfingstwochenende herausgestellt hat, ist Kirchenreinbach der Ort, an dem die Welt noch in Ordnung ist. In der Fränkischen Schweiz, genauer: im Grenzgebiet zur Oberpfalz, gibt es einen Ort, wo die Menschen gemütlich auf der Straße zum ratschen stehen bleiben, wo man das Fleisch auf dem Teller tags zuvor noch auf der Nachbarwiese muhen hörte, wo man das Handynetz vergeblich sucht und wo die Einheimischen einer Horde von 12 Radlern fröhlich entgegen winken, wenn die Meute in ihr Dorf rollt. Und wie man dort landet? In dem man sich zu einem Mountainbike Technik Kurs von der Sektion Neuland anmeldet.
Aber wie kam es dazu? Nachdem ich schon im letzten Jahr ein wunderbares, voller Technik ausgerüstetes Mountainbike erstanden habe, welches zwar schon den Gardasee gesehen hat, dessen größten Herausforderungen aber lediglich das Auf und Ab in den Isartrails waren, habe ich mich kurzerhand zu einem MTB Technik Kurs angemeldet. Schon bald nach der Anmeldung klingelt mein Telefon und unser Trainer Claus meldet sich zu Wort um meine Erwartungshaltung, meine Erfahrung und mein fahrerische Können abzufragen – dass ich Anfänger mit wenig Erfahrung war, schien ihn nicht zu stören, was mich sehr beruhigte. Voller Motivation fieberte ich also dem Bikewochenende in Kirchenreinbach entgegen.
Endlich war es soweit. Nach erfolgreicher Anreise am Freitag habe ich beim Abendessen in 11 muntere, erwartungsvolle Gesichter geschaut. Bei der Vorstellungsrunde hat sich dann herausgestellt, dass es sich bei den Teilnehmern nicht nur um eingefleischte Penzberger sondern auch um Franken, Schwaben und Sachsen handelt.
In trauter Runde durfte jeder seine Erwartungen und Wünsche an das Kursziel äußern – dabei fielen Begriffe wie „mehr Sicherheit“, „Bunnyhop“, „kontrolliertes Ab- und Aufsteigen am Berg“, „Vertrautheit mit dem Bike“ und – ganz wichtig – „Spaß“. Bevor es am nächsten Tag los ging, haben wir unter fachmännischer Anleitung unserer beiden Trainer Claus und Basti den Fahrrad Sicherheitscheck durchgeführt und soweit nötig, das Bike auf seinen Fahrer eingestellt – damit war dann auch mein Fragezeichen im Gesicht verschwunden, ob mit Einstellen wohl das Verstellen der Sattelhöhe gemeint ist.
Am nächsten Morgen ging es dann endlich auf die Räder – vormittags haben wir am Übungsplatz (ebenfalls ohne Handynetz) die Basics geübt. Richtige Haltung auf dem Fahrrad, Bremsen, Kurvenfahren & Gleichgewichtsübungen auf verschiedenen Untergründen.
Während es in Oberbayern ungemütlich und nass war, hatten wir ideales Radlwetter – trocken und leicht bewölkt. Beste Voraussetzungen, das Gelernte bei einer Tour am Nachmittag praktisch anzuwenden. Das fröhliche Auf und Ab durch die abwechslungsreiche Landschaft der Fränkischen Schweiz führte uns über saftig grüne Wiesen, durch hügelige Wälder und leuchtend gelbe Rapsfelder. Wer glaubt, dass Auf- und Absteigen am steilen Hang ein Leichtes ist, der hat es noch nie ohne Technik versucht. Das wurde so lange geübt, bis es jeder erfolgreich drauf hatte. Nun konnte die Reise auch an steilen Hängen weitergehen.
Für die konditionell weniger Fitten war es eine willkommene Unterbrechung, als Olli freundlicherweise seine Kette reißen ließ! Unter Anleitung unserer fachkundigen Trainer wurde die Kette anschaulich in Teamarbeit repariert.
Und weiter ging es! Erste Wurzeln und Stufen wurden unter praktischer Hilfestellung der Jungs und ermutigendem Cheerleading der Mädels gemeistert. Nicht nur einer hat sich bei der letzten steilen Abfahrt in die starken Arme der Helfer fallen lassen – ungeklärt bis jetzt ist, ob absichtlich oder versehentlich! So oder so, das Adrenalin hat sich im Körper ausgebreitet. Zur Belohnung gab es Weißbier, Radler und Kuchen in der Wirtschaft auf dem Weg nachhause.
Geschafft und glücklich über die 25km und 600hm kreuz und quer um Kirchenreinbach herum, haben wir dann beim Abendessen die herzhafte, fleischhaltige Küche unserer Wirtin kennenlernen dürfen. Aber auch für unseren vegetarischen Olli gab es täglich ein mit Liebe ausgewähltes fleischloses Gericht. Nach dem Essen gab es für die Wachgebliebenen einen kurzen theoretischen Exkurs von Claus und Basti in die Geschichte und die Entwicklung des Mountainbikens. Nach dem Nachtisch rollten wir mit runden Bäuchen in die Betten und träumten lebhaft vom Kurvenfahren, Bremsen und (un)kontrollierten Absteigen.
Erfrischt und ausgeschlafen ging es am nächsten Tag vormittags wieder zum bereits bekannten Techniktraining, dieses mal ging es fortgeschritten weiter mit Feinmotorik beim Slalom, erstes Heranführen an den Bunnyhop und erweitertes Kurvenfahren. Das seltsame Phänomen, warum mein Bike bei steilen Bergen wie von alleine abhebt, sich am Boden bei beabsichtigten „Wheelies“ sich aber standhaft weigerte auch nur 5 cm vom Boden abzuheben, hat sich bis heute nicht aufgeklärt – das Gerücht ging um, dass es an der Fahrerin und ihrer einzigartigen nicht-Technik liegen soll. Was für den Außenstehenden vielleicht wenig herausfordernd kling, brachte den Teilnehmern jedoch jede Menge Gaudi, großen Muskelkater in den Armen und nach etwas Übung sogar erste Erfolgserlebnisse. Auch heute waren wir wieder ganz heiß darauf, das Geübte bei der Radeltour am Nachmittag auszuprobieren. Bevor es richtig los ging, durften wir jedoch die zuerst die nächste Reparaturübung am Reifen machen – Sabrina hat sich bereit erklärt, an ihrem Reifen den Schlauchwechsel üben zu lassen. Endlich auf Tour, durften die Mutigen den Bunnyhop über natürliche Minischanzen üben und die Treppen im Wald herunterkullern. Mit zitternden Knien habe ich mich getraut und voller Stolz die Stufen bezwungen – von oben sieht das immer viel steiler aus als von unten – ist Euch das schon einmal aufgefallen? Als Belohnung hat uns Claus das frische, kühle, perlende Bier im Biergarten „am Ende der Straße“ in Aussicht gestellt – bis dahin musste nur noch die Übung „Überwinden von steilen Hängen“ in der Praxis durchgeführt werden. Mit hochrotem Gesicht aber stolzer Brust wurde das Bier geholt – in der Hoffnung, dass es bis zum Abendessen nur noch bergab geht. Und so war es auch. Naja…. fast 😉
Das fleischhaltige Abendprogramm war die Steigerung des Abends zuvor – als fränkische Spezialität wurde das „Schäufele“ zu Tische gebracht, welches zur besseren Verträglichkeit mit einem Schnapserl serviert wurde. Beim hausgemachten Nachtisch hat uns Basti noch an seinem Wahnsinnswissen über Ausrüstung und neue Trends teilhaben lassen, bis uns Schäufele, Schnaps und nochmal Schnaps in die Betten getrieben hat.
Für den leider kurzen Abschlusstag haben wir uns am Montag dann für eine letzte Tour durch die Fränkische Schweiz mit praktischen Übungen entschieden – eine muntere Fahrt über Stock und Stein, gespickt mit Technikübungen auf Schotter und am Hang sowie dem Üben des Notabstiegs. Für die Filmaufnahmen haben wir unser bestes gegeben – man will ja eine gute Figur bei der Vorführung machen. Nach vollbrachter Arbeit und allen Filmaufnahmen im Kasten, haben unsere Instruktoren voller Barmherzigkeit auf steile Anstiege verzichtet und uns locker bis an den Mittagstisch begleitet. Mit einem lachenden Auge über die tolle gemeinsame Zeit im Kurs und einem weinenden Auge über den Abschied haben wir uns gedrückt und geschworen uns im nächsten Jahr an Ort und Stelle wieder zu sehen.
Claus, unser local Guide – gebürtig in der Oberpfalz – hat uns im Laufe des Wochenendes fast jeden Quadratmeter der Umgebung gezeigt und ich wage zu behaupten, dass wir trotzdem keinen Abschnitt doppelt gefahren sind.
Für mich persönlich war es der ideale Einstieg um einen vertrauten und sicheren Umgang mit meinem Mountainbike zu finden – die Trainer sind ganz individuell auf jeden von uns eingegangen, so dass jeder Teilnehmer mit viel Gelerntem Nachhause gehen durfte. Außerdem macht radeln in der Gruppe viel mehr Gaudi als allein! Danke für den tollen Kurs – Kirchenreinbach ist geil 😉
Bildunterschrift Gruppenbild: Daniela, Oliver, Julia, Christoph, Mario, Claudia, Sabrina, Jonathan, Fred, Judith, Basti, Claus
Daniela Sinn