Am Sonntag den 7.4 starten wir zu unserer Skihochtourenwoche ins Berner Oberland. Ziel ist die etwas abseits vom Mainstream gelegene Oberaletschhütte. Der übliche Zustieg im Winter beginnt mit einer Seilbahnfahrt nach Blatten-Belalp. Von dort aus erfolgt eine Querung/Abfahrt auf Ski in steilen, teilweise mit einem Fixseil entschärften Passagen auf den Oberaletschgletscher. Weiter geht’s über den Gletscher und einen abschliessenden Klettersteig zur Hütte. Das Ganze dauert 4 – 6 Std. und hat einen recht alpinen Charakter. Leider hat die Seilbahn Wartungspause und fährt nur früh am Morgen oder am Nachmittag. Nachmittag hilft uns nicht weiter, weil wir unmöglich abends die steilen südseitigen Hänge queren können und die Bahn am frühen Morgen schaffen wir wegen der langen Anfahrt nicht. Deshalb fahren wir am Sonntag Vormittag ganz entspannt in Penzberg los und verbringen die erste Nacht in Brig.
Am Montag früh tauschen wir die Seilbahn gegen ein ausgiebiges Frühstück ein. Wir haben heute ja genug Zeit. Aufgrund der geringen Schneelage können wir noch ein ganzes Stück mit dem Auto fahren. Dann schultern wir die schweren Rucksäcke und es geht endlich los. Schon nach einer guten Stunde haben wir die traumhaft gelegene Siedlung Belap erreicht und sehen den riesigen Aletschgletscher vor uns liegen. Von Belap müssen wir ein ganzes Stück leicht bergab queren. Die Hüttenwarte haben dankenswerterweise ein Fixseil in diese Querung gelegt das wir beim Fahren durch unsere linke Hand laufen lassen. Etwas ungewohnt, aber sinnvoll, weil sich unterhalb der noch hart gefrorenen Querung ein Felsabbruch befindet. Nach Überwindung einer letzten steilen Rinne stehen wir auf dem Oberaletschgletscher. Die Hütte kann man schon sehen, aber es dauert viel länger als erwartet bis wir am Einstieg zu dem mit zahlreichen Leitern gespickten Klettersteig stehen der auf die Hütte führt. Das Skidepot machen wir unten am Gletscher, dann steigen wir gemessene 170 hm die Leitern bis zur Hütte wo wir von der Wirtin Irene und Hannes, einem bayerischen Urgestein aus Berchtesgaden erfreut und herzlich empfangen werden. Wir sind die einzigen Gäste und das wird für die nächsten Tage auch so bleiben. Wahnsinn !!
Am nächsten Morgen steige wir mit Stirnlampen den Klettersteig hinunter auf den Gletscher. Unser erstes Ziel ist das 3785m hohe Breithorn. Am Anfang geht es lange über den flachen, hart gefrorenen und landschaftlich großartigen Beichgletscher dahin. Nach ca. 2 Std. wird das Gelände deutlich steiler und es geht in einer recht schmalen Mulde durch einen wilden und äußerst fotogenen Gletscherbruch. Und es wird immer mühsamer, weil der letzte Woche gefallene Neuschnee immer mehr wird und wir alles spuren müssen. Als wir endlich den oberen und flacheren Teil des Gletschers erreichen ist es nicht mehr weit bis zum felsigen Gipfelaufbau des Breithorns. Nach 6 Std. sind wir oben, machen aber nur ganz kurz Brotzeit, weil es ziemlich kalt ist. Und natürlich lockt auch der Super-Powder der auf uns wartet. Die Abfahrt ist sensationell. Wir zaubern unsere Spuren in den unberührten Hang und erreichen viel zu schnell wieder den Talboden. Das fängt ja richtig gut an. Jetzt ist es auch windstill und viel wärmer und wir machen ausgiebig Brotzeit. Dann geht’s auf tollem Firn den langen, flachen Beichgletscher hinaus zum Skidepot und den Klettersteig hinauf zur Hütte.
Unsere 2te Tour soll uns aufs 3634 m hohe vordere Geisshorn führen. Weil wir die einzigen Gäste sind, kommt die Wirtin mit uns auf Skitour und Hannes bleibt alleine auf der Hütte zurück und kocht für uns. Das hatten wir auch noch nie…
Wir hatten erwartet, daß der Schnee in der westseitig aber recht versteckt gelegenen Tour ähnlich gut sein könnte wie am Breithorn. Aber das ist leider nicht so. Es hat keinen Powder, eher eine Mischung aus hartem Schnee und Bruchharsch. Und weil der Aufstieg bis ganz oben im Schatten liegt und uns ein kalter Wind um die Ohren bläst ist uns auch beim Aufstieg nicht besonders warm. Wir sind schon nach knapp 4 Std. am Gipfel und schauen auf der anderen Seite auf den den Mittelaletschgletscher hinunter wo vor wenigen Wochen eine Lawine das Mittelaletschbiwak zerstört hat. Die Abfahrt ist nicht toll, aber es geht doch besser als befürchtet. Der untere Teil ist noch hart gefroren und wäre ein paar Std. später sicher schöner gewesen. Aber uns ziehts auf die Hütte wo Hannes ja für uns gekocht hat.
Am 3, Tag suchen wir wieder eine Tour mit der gleichen Exposition wir das Breithorn. Leider gibt es da keinen geeigneten Gipfel. Aber es gibt einen Gletscher der sich auf der Nordseite des Unterbächhorns bzw. der Ostseite des Nesthorns bis ca. 3300 m hinauf zieht. Das ist ein bisschen kürzer als die letzten Tage. Aber das ist vielleicht ganz gut so, wir wollen ja am nächsten Tag den weiten Weg aufs grosse Aletschhorn in Angriff nehmen. Wie am ersten Tag geht’s den Klettersteig hinunter und auf den Beichgletscher. Aber dieses Mal biegen wir gleich Richtung Süden ab und erreichen über einen grossen, steilen Hang den oberen und flacheren Teil des Gletschers. Es ist eine wilde Gegend. Es gibt keinen Gletscherbruch, aber alle paar Meter deuten Windgangeln auf Spalten hin. Da ist es gut, das die Sicht hervorragend ist und wir ohne Probleme diesen unglaublich vielen Spalten ausweichen können. Als wir kurz vor der Felswand am Endes des Gletschers stehen, scheint der angekündigte Wetterumschwung da zu sein. Die Sonne verschwindet hinter den Wolken und die Sicht wird diffus. Wir beschliessen deshalb sofort abzufahren. In diesem seltsamen Gelände wollen wir auf keinen Fall bei Whiteout unterwegs sein. Aber die Sicht bleibt gut und in einer rauschenden Abfahrt geht’s ins Tal. Besser kann der Schnee eigentlich nicht mehr sein. Unten holen wir zuerst die ausgefallen Gipfelbrotzeit nach. Es ist noch früh am Tag und die Tour war nicht besonders anstrengend. Da geht doch noch was. Und so steigt ein Teil den ersten großen Hang noch einmal hinauf bevor es zurück zur Hütte geht.
Die 4te Tour soll uns auf das 4193m hohe grosse Aletschhorn führen. Wir frühstücken schon um 4:00. Immerhin ist die Gruppe vor uns vom Aletschhorn erst gegen 22:00 zurückgekommen und da kann ein bisschen Zeitreserve nicht schaden. Es ist noch stockdunkel als wir das Skidepot unter der Hütte erreichen und wir sind noch eine ganze Weile mit Stirnlampen unterwegs. Die ersten 2 Std. der Tour kennen wir schon vom Geisshorn. Es ist auch genauso frisch wie vor 2 Tagen und wir kommen erst nach knapp 5 Std. beim Skidepot auf ca. 3700 m in die Sonne. Da machen wir erst einmal Brotzeit. Und dann nehmen wir die letzten 500 hm auf dem eingeschneiten und felsigen Gipfelgrat in Angriff. Manchmal sind es nur ein paar Zentimeter Schnee und man rutscht auf den Felsplatten darunter herum, manchmal versinkt man auch bis zur Hüfte. Es ist mühsam und wir kommen auch nur langsam vorwärts. Ungefähr nach der Hälfte ziehen wir In einer steilen Schneerinne die Steigeisen an.
Die knirschen ungehalten in den zahlreichen felsigen Passagen aber wir wissen ja nicht recht ob wir sie noch einmal brauchen und lassen sie an den Schuhen. 2,5 Std. sind wir auf dem Grat unterwegs und wir sind froh als wir endlich am Gipfel ankommen. Die Brotzeit haben wir uns echt verdient..
Es gibt viel zu schauen. Matterhorn, Monte Rosa, Weisshorn. Dent Blanche. Alles was Rang und Namen hat im Berner Oberland und Wallis liegt vor uns. Für den Abstieg gehen wir wieder ohne Steigeisen. Vor einigen Jahren wurden auf dem Grat alle 25 bis 30m Stangen zum Abseilen und Sichern angebracht. Und die nehmen wir jetzt her und seilen einfach alles ab. Egal ob Steilstück, Schneefeld oder Schuttgelände. So erreichen wir schon nach 1,5 Std. unser Skidepot. Die Abfahrt ist sehr schön. Es hat aufgefirnt aber es ist noch nicht zu weich. Richtig gute Frühjahrsverhätnisse halt.
Da fällt auch der Klettersteig zur Hütte, den wir jetzt das letzte Mal gehen nicht mehr schwer. Schon gegen 17:00 erreichen wir die Hütte. Abendessen und Bier schmecken heute besonders gut.
Am letzten Tag wollen wir über den Beichpass ins Lötchental wechseln und von dort mit Bus und Bahn zurück zum Auto. Wir haben Zeit und frühstücken erst um 7:00. Nach einem herzlichen Abschied von den Wirtsleuten geht es zuerst bei zauberhafter Nebelstimmung über den Beichgletscher und dann bei strahlendem Sonnenschein auf den Beichpass hinauf. Wir können direkt vom Pass ins Löteschental abfahren. Die ersten Meter geht es bei bestem Powder sehr steil durch Felsriegel hinunter. Aber die so geweckten Powder-Hoffnungen erfüllen sich leider nicht. Bockhart gefroren ist alles und die Abfahrt mit den schweren Rucksäcken ist eine ziemliche Schinderei. Erst ganz am Schluss firnt es auf und wir fahren durchs frühlingshafte Lötschental zur Bushaltestelle.
Und dann merkt man, das wir sind in der Schweiz sind. Auf die Minute pünktlich bringt uns der Bus zum Banhof. 2 Minuten später kommt genauso pünktlich der Zug der uns zurück nach Brig bringt. Daß das Ganze auch noch billiger ist als bei uns verdeutlicht die „Leistungsfähigkeit“ der öffentlichen Verkehrsmittel in Deutschland. Die letzten Meter von Brig zum Auto geht’s mit Privatchauffer (danke Ramona) und dann ist der Urlaub leider vorbei.
Es waren tolle Tage in einem wilden und einsamen Gebiet auf einer liebevoll bewirtschafteten Hütte