Die Weißseespitze ist ein ca. 3.510 m hoher Gletscherberg in den Ötztaler Alpen an der Grenze von Tirol nach Südtirol und liegt am Westende des mächtigen Gepatschferners.
Der Gepatschferner ist der zweitgrößte Gletscher Österreichs und bildet zusammen mit dem Kesselwandferner mit 18 km² die größte zusammenhängende Gletscherfläche Österreichs.
Heute stehen wir nach einer kurzen Nacht noch etwas früher auf und starten nach einem opulenten Frühstück um ca 5:30 Uhr früh von der Weißkugelhütte. Die Wetteraussicht verspricht bis zum frühen Nachmittag einen sonnigen Tag mit Föhn und entsprechend etwas Wind und Wolken. Gleich hinter der Kapelle der Hütte (2542m) führt der „Richtersteig“ immer in östlicher Richtung auf dem panoramareichen Südhang des Langtaufer Gletscherausläufers talein bis wir die Fels- und Eisbarriere der Langtauferer Eiswände (auch Vernagl Wände) erreichen. Auf diesem Weg genießen wir einen grandiosen Blick auf den Langtaufener Ferner mit der Weißkugel und Langtaufener Spitze und können einen großen Teil unserer gestrigen Gletscher Tour einsehen und haben am Ende einen beeindruckenden Blick auf die gigantischen Eiswände mit bizarren Formationen.
Ab hier führt ein etwas ausgesetzter Steig nördlich über teils gesicherte Felspassagen hoch zum Gepatschferner. Nach ca. 1,5-2 Stunden erreichen wir in einem flachen Becken den Fuß des Gletschers und legen die Steigeisen an, packen die Pickel aus und seilen uns auch schon an. Dank der Übung am Vortag schaffen wir das in „Rekordzeit“. Wir gehen dann in 2 Seilschaften, von Hanns und Hans- Georg geführt, in einem weiten Bogen über den im unteren Bereich noch aperen Gletscher über eine Rampe mit zahllosen Spalten nach oben. Entlang einiger Gletscherspalten und mit kleinen Sprüngen gelangen wir durch das Gletscherlabyrinth bald auf den mit Schnee bedeckten Gletscherrücken, der sich recht sanft und gleichmäßig nach Norden erstreckt. Wir halten uns immer am westlichen Felskamm. Im Osten kann man das Brandenburger Haus sehen. Unsere Seilschaften steigen dann ein paar Kilometer über sanfte Mulden und Hänge über die eine oder andere kleine Schnee-bedeckte Spalte in Richtung Weißseespitze.
Beide Gruppen gehen zügig und harmonisch – man merkt die gute Übung vom Vortag. Nach insgesamt ca 3,5 – 4 Stunden Gehzeit erreichen wir dann die Weißseespitze, deren schönes Gipfelkreuz auf einem Felsvorsprung steht. Wir erreichen den Gipfel gerade noch bei sonnigem Wetter, machen ein paar Gipfelfotos und genießen eine wohlverdiente kleine Brotzeit. Inzwischen nehmen die bizarren Föhnwolken zu, die uns schon den ganzen Aufstieg begleiteten und auch die eine oder andere Nebelschwade hüllt uns ein. Das unterschiedliche Licht lässt den Gletscher immer wieder beeindruckend in neuem Gewand erscheinen. Nach einer 30 minütigen Pause machen wir uns dann wieder auf den Rückweg. Es geht über weite Strecken den gleichen Weg zurück. Wolken und Sonnenschein wechseln sich laufend ab und in der Ferne zeigt dich ab und zu der Gipfel der Weißkugel.
Beim Abstieg über den steilen aperen Gletscher wenden wir wieder die von Hans-Georg und Hanns erlernte Technik an: tief gehen, alle Zacken aufsetzen, Füße V-förmig, d.h. mit Spitzen nach außen, und kleine Schritte, Pickel benutzen und Stöcke an den Rucksack – dieser Entengang sieht nicht wirklich gut aus ist aber super effektiv! Am Gletscherfuß angekommen ziehen wir die Steigeisen wieder aus, packen die Seile ein und genießen die letzten Blicke auf die einzigartige Gletscherlandschaft. Bis jetzt hat das Wetter noch gut gehalten.
Für den Rückweg über den teils ausgesetzten Steig folgen wir alle Hans-Georgs Rat die Stöcke mal ganz wegzulassen und erfahren, dass die Trittsicherheit dadurch tatsächlich zunimmt. Nach ca. 1 Stunde sehen wir wieder die Weißkugelhütte und sind um 13 Uhr alle glücklich zurück. Wir genießen alle zusammen ein letztes leckeres Mittagessen oder auch die selbstgemachten Kuchen, packen unsere Sachen zusammen und starten dann gegen 14:30 unseren Abstieg nach Melag (1915 m). Begleitet von leichtem Regen treffen wir nach gut 1 Stunde wieder am Parkplatz ein. Nach einem herzlichen Abschied geht es um 16 Uhr dann wieder nach Hause.
Herzlichen Dank an Hanns und Hans-Georg und an die ganze Gruppe. Es war ein super schöner Tag und ein geniales Hochtouren Wochenende, welches viel Lust auf mehr gemacht hat. Vielen Dank auch an die Fotografen für die vielen schönen Bilder!
Michael Weidner
Ein Mensch, der einem Gletscher Gesellschaft leistet, erhält allmählich das Gefühl, dass er unbedeutend ist. – Mark Twain